von der körperlichen blüte

lisa stead ist eine ganz besondere modedesignerin. als studentin am central saint college of art and design entwickelte sie kleider, die mithilfe von sensoren die erregungsstufen ihrer träger registrieren und ein LED-Muster erzeugen. diese intime kommunikation von mensch und technologie machte mich stutzig.
vergangenen montag war frühlingsanfang; die zeit in der der mensch erregt vom sprießen der bäume und dem duft der frühblüher auf die pirsch nach dem bestimmtem pandon geht. die ersten warmen tage verleiten zum flanieren in parks, die schon längst nicht mehr das minenfeld verflossener liebschaften sind, in gut riechenden cafés oder auf der eigenen sonnendurchfluteten terrasse zuhause. doch im zeitalter der digitalen kommunikation eröffnet uns nun frau stead eine andere art des aufblühens unseres körpers. ein mit lichtern besticktes kleid zeigt uns unseren ganz individuellen erregungszustand und macht uns in zukunft das definieren der eigenen und der fremden libido viel leichter. das, was unseren körper von dem körper unseres gegenübers trennt, ist die kleidung. so scheint es auch mit unserer erregung zu sein. ein kleidungsstück, benäht mit unserer erregung, würde uns z.b. das kennenlernen eines attraktiven fremden wesentlich vereinfachen. wie leicht würde es sein, sich über ein gesprächsthema anregend zu einigen und auszutauschen! brauchen wir tatsächlich noch die blühenden bäume, die duftenden hänge als katalysatoren unseres emotionalen zustandes?
alles strebt nach dem reinen, einfachen weg des gedankenaustausches. emotionen und erregungen sind etwas rein körperliches. emotionen und erregungen können ihren höhepunkt, und somit ihre volle blüte, entfalten, bevor sie verwelken. ein kleidungsstück kann löcher bekommen und kaputt gehen. beide sind befristet. beide müssen von neuem auferstehen. so ist es auch mit den blüten.
jedoch sind blüten nur ein zwischenstadium. sie transformieren sich im laufe ihres bestehens zu einer reifen frucht. dies tut kleidung nicht.
die entfaltung unserer körperlichen blüte geht mit einem kleidungsstück keine symbiose ein, aber mit einem anderen menschen schon. die kleidung trennt uns lediglich voneinander. warum diese also als ein hilfsmittel zur kommunikation verwenden, wenn das wachstum und das entdecken der eigenen und fremden körperlichen blüte so viel spannender ist? dies setzt natürlich voraus, dass das gegenüber endlich aus seiner knospe herausbricht und uns seine schönheit und vielfalt offenbart.
das eigene herausbrechen aus der knospe ist ein spannender vorgang. er erfordert zwar manchmal viel mut und kraft, schenkt einander aber den originellen, reinen emotionalen genuss.

s.

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